Human Centric Lighting in Büro und Industrie

Human Centric Lighting in Büro und Industrie

Worauf kommt es an?

Die meisten Menschen verbringen rund 90 Prozent ihrer Zeit in Innenräumen. Das widerspricht über Jahrmillionen ‚erlernten‘ biologischen Prozessen: Das Auge dient nicht nur dem Sehen, es enthält auch Lichtrezeptoren, die wichtige biologische Prozesse anstoßen. So benötigt der menschliche Organismus helles Licht mit hohem Blauanteil am Morgen und über den Tag sowie weniger intensives, gelblich-rötliches Licht am Abend. Bei herkömmlicher Beleuchtung ist jedoch die biologische Wirkung am Tag meist zu gering und in der Nacht zu stark.

Flächige Lichtquellen und helle Flächen im Raum ermöglichen einen optimalen Mix aus Tages- und Kunstlicht mit hohen indirekten, biologisch wirksamen Anteilen. (Bild: Ledvance GmbH)
Flächige Lichtquellen und helle Flächen im Raum ermöglichen einen optimalen Mix aus Tages- und Kunstlicht mit hohen indirekten, biologisch wirksamen Anteilen. (Bild: Ledvance GmbH)

Intelligent gesteuerte LED-Beleuchtung kann jedoch in fast allen Lebensbereichen nicht nur visuell, sondern auch biologisch wirksam unterstützen. Das richtige Licht zur richtigen Zeit hilft dabei, gesund und leistungsfähig zu bleiben und das Wohlbefinden zu verbessern. Ein an den menschlichen Bedürfnissen orientiertes Licht sollte daher Teil eines nachhaltigen Engagements für Ergonomie, Arbeitssicherheit, Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit in Unternehmen sein. Biologisch am stärksten wirkt großflächiges Licht von oben. Vom Tagesstart bis nach der Mittagspause sollte daher helles, kaltweißes Licht mit hohem Blauanteil (z.B. 6.500 Kelvin bei einer Beleuchtungsstärke von 300 Lux am Auge) verwendet werden. Dafür bietet sich indirektes Licht an, das sowohl Decken als auch Wände miteinbezieht. Je mehr Tageslicht desto besser. Zum Abend hin gilt es auf warmweißes, direktes Licht mit deutlich reduzierten Blauanteilen (z.B. 2.700 bis 3.000 Kelvin) umzustellen, damit sich der Körper entspannen kann.

Anforderungen an HCL-Leuchten

In technischer Hinsicht beginnt die Konzeption von HCL-fähigen Leuchten mit der Auswahl und Spezifikation der LEDs. Die erforderliche Spektralverteilung des Lichts ist in Hinsicht auf die biologisch wirksamen Anteile des Spektrums zu bewerten. Neben Faktoren wie der Energieeffizienz müssen Zielwerte und Toleranzen bei der Lichtfarbe und deren Veränderung festgelegt werden, damit alle Leuchten den gleichen Farbeindruck liefern. Für eine hohe Lichtqualität benötigen die Leuchten zudem geeignete Treiber. Außerdem dürfen weder Flickern noch stroboskopische Effekte auftreten und das Licht der LED muss mithilfe von Optiken wie Mikrolinsen oder Prismen gut und blendungsfrei verteilt werden. Auch ein Zusammenspiel von Beleuchtungsstärke und Farbtemperatur ist wichtig. Eine sehr helle warmweiße Lichtfarbe kann die gleiche aktivierende Wirkung haben wie ein kaltweißes Licht mit geringer Beleuchtungsstärke. Im Bereich von Farbtemperaturen zwischen 2.700 Kelvin und 6.500 Kelvin bringt z.B. die Verdoppelung der Farbtemperatur ungefähr die gleiche biologische Wirkungssteigerung wie eine Verdoppelung der Helligkeit am Auge.

Anforderungen für Büro und Industrie

„Wir brauchen das richtige Licht zur richtigen Zeit für optimale Leistungsfähigkeit und Wohlbefinden“ - Dieter Lang, Forschung und Entwicklung, Ledvance. (Bild: Ledvance GmbH)
„€žWir brauchen das richtige Licht zur richtigen Zeit für optimale Leistungsfähigkeit und Wohlbefinden“€œ – Dieter Lang, Forschung und Entwicklung, Ledvance. (Bild: Ledvance GmbH)

Beleuchtungsanlagen an Arbeitsplätzen müssen zahlreiche Vorgaben erfüllen, z.B. die des Arbeitsschutzes. Neben gleichmäßiger Lichtverteilung und ausreichender Beleuchtungsstärke ist ein weitgehend blendfreies Licht bei der Bildschirmarbeit wichtig. So ist für eine Büroanwendungen eine Entblendung mit einem Unified Glare Rating (UGR) 19 vorgeschrieben. Aktuell sind Beleuchtungslösungen im Arbeitsbereich meist darauf ausgerichtet, gutes Sehen zu ermöglichen – die biologische Lichtwirkung wird nur selten berücksichtigt, da es für Arbeitsstätten keine Vorgaben für die Tages- und Nachtzeit oder biologisch wirksames Licht gibt. Die Folge: Das Licht ist für eine optimale Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter tagsüber oft falsch eingestellt und bei Helligkeit und Blauanteilen zu intensiv für Abend- oder Nachtarbeiten. Stattdessen sollte das Lichtumfeld dem natürlichen Tageslichtverlauf folgen. Eine automatische Steuerung der großflächigen Raumbeleuchtung könnte während des Vor- und Nachmittags über Decken und Wände indirektes und helles Licht mit hohem Blauanteil erzeugen und so aktivierend wirken. Die Leuchten, die direkt auf den Arbeitsplatz strahlen – z.B. Schreibtischleuchten – sollten dagegen in der Helligkeit auch vom einzelnen Mitarbeiter individuell gesteuert werden können. Idealerweise folgt auch hier die Farbtemperatur dem natürlichen Tageslichtverlauf, um auch abends oder nachts keine Störung des natürlichen Rhythmus zu bewirken. In der DIN SPEC67600 sind z.B. für HCL bestimmte Zielwerte festgelegt. Als Grundlage für eine professionelle Lichtplanung existieren außerdem eine Vornorm (DIN SPEC5031-100) sowie ein ‚Leitfaden Human Centric Lighting (HCL) für Planung und Anwendung‘ der Fördergemeinschaft Gutes Licht (www.licht.de, als Heft licht.wissen 21).