Videokodierstandard H.264 in der Gebäudeüberwachung: Immer scharf im Blick

Videokodierstandard H.264 in der Gebäudeüberwachung:
Immer scharf im Blick

Videoüberwachung gilt heute als eines der wirksamsten Mittel in der Verbrechensbekämpfung und wird daher vorrangig in der Gebäudesicherung eingesetzt. Um Vandalismus im Außenbereich oder Ladendiebstähle zügig aufzuklären, ist die Qualität der übertragenen Kamerabilder ausschlaggebend. Eine hohe Detailhaltigkeit lässt Gesichter leicht erkennen, die Bildrate beeinflusst den wiedergegebenen Bewegungsablauf – wichtige Kriterien, wenn es darum geht, Tathergänge aufzudecken. Bislang scheiterte eine hohe Videoqualität allerdings am erhöhten Bandbreitenbedarf. Der H.264 Videokodierstandard schafft Abhilfe: Im Vergleich zu seinen Vorgängern ist er in der Lage hochauflösende Bilder effizient zu komprimieren.
Auf Sicherheitssysteme zum Schutz vor Personen und Gebäuden muss Verlass sein. Zuverlässigkeit und Funktionalität sind damit bei der Auswahl von Videoüberwachungssystemen wichtige Kriterien. Doch auch die Qualität der gelieferten Überwachungsbilder ist von großer Bedeutung, wenn es im Ernstfall darauf ankommt, Täter zu identifizieren und Tathergänge zu konstruieren. Schemenhafte Gestalten oder Bildabläufe, in denen wichtige Sequenzen fehlen, tragen wenig zur Aufklärung bei. Vor allem durch Megapixelsensoren können zwar viele Details dargestellt werden, doch scheiterte ihr Einsatz in der Vergangenheit oft am erhöhten Bandbreitenbedarf. So hat beispielsweise ein Megapixelbild im Vergleich zu einem 4CIF- (704x576Pixel) oder VGA-Bild (640x480Pixel) mit 1280x1024Pixel die 3-fache Pixelanzahl. Dies führt zu einem höheren Datenvolumen im Videorohformat und mündet zwangsläufig in einem gesteigerten Bandbreitenbedarf des komprimierten Videos. Als Kompromiss begnügte man sich schließlich mit geringeren Bildraten.

Bildrate versus Auflösung

H.264 stellt einen entscheidenden Durchbruch dar: Durch die gesteigerte Kodiereffizienz lassen sich Videos in Megapixelauflösung übertragen ohne dass, im Vergleich zur 4CIF- oder VGA-Auflösung, mehr Bandbreite benötigt wird. Aber auch bei der Verwendung der bisher genutzten 4CIF- oder VGA-Auflösung bietet H.264 gegenüber MPEG-4 Part 2 eine enorme Bandbreitenersparnis für die Videoübertragung und den Speicherbedarf für die Videoarchivierung. Auch wenn der Bandbreitenbedarf in einem geswitchten Netzwerk mit 100MBit/s-Anbindung für Netzwerk-Kameras oder Video-Encoder und Backbone-Infrastrukturen mit 1000MBit/s heute kein Problem mehr darstellt, macht sich eine Speicherersparnis durch Kosteneinsparungen bemerkbar, und zwar gerade dann, wenn die Speichersysteme redundant ausgeführt sind. Die höhere Kodiereffizienz lässt sich auch anders nutzen: Bei gleichem Bandbreiten- und Speicherbedarf kann man mit einem geringeren Komprimierungslevel arbeiten, was wiederum zu einer verbesserten Bildqualität führt. Aus den genannten Gründen hat der Standard bereits in vielen Bereichen Einzug gehalten und wird sich vermutlich auch im Bereich der Videoüberwachung gegenüber MPEG-4 Part 2 langfristig durchsetzen. Wichtig hierbei ist natürlich, dass es sich bei H.264 um ein standardisiertes Kodierungsverfahren handelt, was ein Zusammenspiel von Produkten unterschiedlicher Hersteller ermöglicht.

Jeder Anwendung ihr Profil

Ziel der Video Coding Experts Group (VCEG), die die Herausforderungen einer effizienteren Videokodierung annahmen und 1997 ein Projekt unter dem Namen H.26L anstieß, war es außerdem, dass die Lösung ein breites Spektrum unterschiedlicher Anwendungsbereiche abdeckt – von der Übertragung kleinster Bitraten bis zu Video in HDTV-Qualität. Zur Klassifikation bestimmter Parameter und Anwendungsbereiche bestimmte sie Profile und Level, die die Kommunikation zwischen verschiedenen Anwendungen des H.264/AVC-Standards mit ähnlichen funktionalen Anforderungen sicherstellen sollte. Jedem Profil wird dabei eine Auswahl an Kodiermethoden und Algorithmen zugeordnet, die zur Erzeugung eines standardkonformen Bitstroms eingesetzt werden dürfen. Mit Einführung des Standards wurden drei Profile definiert: das Baseline Profile (BP), das Main Profile (MP) und das Extended Profile (EP). Netzwerk-Kameras nutzen in den meisten Fällen das Baseline Profile, das sich vor allem an Anwendungen mit progressiver Bildabtastung und Real-Time-Kodierung richtet. Das Baseline Profile gewährleistet außerdem eine geringe Verzögerungszeit (Latenz) zwischen der Komprimierung, dem Versenden, der Dekomprimierung und der Übertragung auf den Bildschirm. Nicht nur Echtzeitübertragungen sind so möglich, sondern auch eine direkte Feinjustierung der Pan-Tilt-Zoom (Schwenk-Neige-Zoom)-Funktionen in der Kamera. Die Level beschreiben die Leistungsmerkmale und richten sich nach der Anzahl der Pixel, beziehungsweise der Auflösung, der Dekodierungsgeschwindigkeit und der Bit­rate. Bei H.264 gibt es elf Level, wobei je nach höherer Auflösung ein höherer Level gebraucht wird. Axis Communications, Hersteller von Video Netzwerk-Videolösungen, nutzt die Vorteile des Kodierstandards beispielsweise in allen Netzwerk-Kameras und Video-Encodern der neuen Produktgeneration auf Basis eines eigens entwickelten Chip, der als Artpec-3 bezeichnet wird. Dieser Chip unterstützt H.264 im Baseline Profile und umfasst die Level 1 bis 4.1. Mit ihm können so bis zu 50% Speicherplatz und Netzbandbreite gegenüber MPEG-4 Part 2 und bis zu 80% gegenüber Motion JPEG eingespart werden. Des Weiteren bietet der neue Chip eine Multistreaming-Fähigkeit, sodass die Videos in unterschiedlichen Formaten (Auflösung, Komprimierung und Bildrate) abgerufen werden können.

In der Praxis

Der Aufwand lohnt sich: In Tests, in denen dasselbe Video-Signal an unterschiedliche Video-Encoder-Implementierungen eingespeist wurde, erzielt H.264 bessere Ergebnisse. Im Vergleich zu MPEG-4 Part 2 reduziert er die Bitrate um mehr als 50% bei geringer Bewegung und um mehr als 30% bei hohem Bewegungsanteil in der Szene. Damit eröffnet der Standard neue Möglichkeiten für Videoströme höherer Qualität, höherer Bildfrequenzen und höherer Auflösungen bei gleicher Bitrate oder umgekehrt, dieselbe Bildqualität bei reduzierter Bitrate. Häufig wird Kameraüberwachung wegen schlechter Bildqualität immer wieder von verschiedenen Seiten in Frage gestellt, weil sie im Bedarfsfall nur unscharfe, und damit unbrauchbare Bilder liefert. Dieser Kritik tritt H.264 entgegen: Videobilder gewinnen an Schärfe und Detailliertheit. Gesichter oder andere wichtige Details lassen sich besser erkennen, eine Tatsache, die bei jedem Einsatz von Überwachungskameras – egal ob im Einzelhandel zur Bekämpfung von Warendiebstählen oder zur Aufklärung von Gewaltdelikten an öffentlichen Orten – eine große Rolle spielt.