Thermografie vereinfacht Facility Management

Thermografie vereinfacht
Facility Management

Ob Wärmebrückenanalyse oder Elektroanlagenuntersuchungen, im Gebäude Facility Bereich sind Infrarot-Messungen kaum noch wegzudenken. Eine gute Ausbildung und die richtige Kameratechnik sind jedoch Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Messung. Durch neuartige Infrarot-Kamerakonzepte und drastische Einsparungen an der Kameratechnik sind einfache Geräte in den letzten Jahren sehr im Preis gesunken. Darüber hinaus geben massive Werbekampagnen der Herstellerfirmen Anlass zur Überlegung, ob sich nicht eine eigene Infrarotkamera rechnet. Viele vergessen jedoch, dass man mit einer preiswerten Kamera nur eingeschränkte Messungen vornehmen kann, und dass die Versicherungswirtschaft einiges zur Anerkennung der Überprüfungen an Technik und Messpersonal fordert, was die Kosten für eine einfache Infrarotkamera übersteigt.
Entwicklung der Kameratechnik

Seitdem Infrarot-Kamerasysteme hergestellt werden, sind diese sehr kostenintensiv. Ab 1955 werden bildgebende kommerzielle Geräte eingesetzt, die unterschiedliche Detektoren benutzen. 1960 wurde von der Firma AGA die erste transportable Infrarotkamera mit einem Gewicht von 43kg gebaut. Besonders unter Einfluss des Militärs ist die Infrarot- Kameratechnik immer kleiner und leistungsfähiger geworden. Bis 1996 baute man überwiegend Scannerkameras, welche im kurzwelligen Infrarotbereich (3-5µm) arbeiten. Die Detektoren wurden mittels flüssigem Stickstoff (-196°C), thermoelektrischer Kühlung (Peltier Kühler bis -110°C bei mehrstufigem Aufbau) oder Kältemaschine (Helium gefüllter Stirling- Kühler bis -196°C gekühlt. Hohe Entwicklungskosten, hochwertige Materialien, viel Feinmechanik und geringe Stückzahlen haben den Preis viele Jahrzehnte nicht sinken lassen. Ab 1996 werden ungekühlte Microbolometerkameras produziert. Bedingt durch die neue Technik, sind weniger sich bewegende Teile in den Infrarot-Kameras vorhanden. Die Microbolometerkameras arbeiten im langwelligen Infrarotbereich (7-13µm). Für die meisten Messaufgaben hat der Wellenlängenbereich eine untergeordnete Bedeutung, die physikalischen Gesetzmäßigkeiten müssen jedoch bei beiden Systemen berücksichtigt werden. Spezielle Messungen können aber nur realisiert werden, wenn diese mit einer kurzwelligen oder einer langwelligen Infrarot-Kamera oder einer besonders schnellen Kamera durchgeführt werden. Somit haben beide Systeme auch heute noch ihre Berechtigung.

Preisreduzierung durch neue Kameratechnik

Durch die neue Microbolometertechnik ist es erstmalig gelungen, den Preis für die Kameras zu senken. Aus den Forschungen dieser Entwicklung wurden vor ungefähr drei Jahren neben den qualitativ sehr hochwertigen Infrarotsystemen, welche auch weiterhin sehr preisintensiv sind, kostengünstigere Modelle entwickelt. Um diese billigeren Geräte bauen zu können, wurde immer mehr eingespart und vereinfacht. Durch die Reduzierung von allem, was nicht unbedingt benötigt wird und den Einbau einfacher, unempfindlicher Detektoren mit geringer Bildpunktanzahl, leidet in erster Linie die Qualität, die Empfindlichkeit, die Messgenauigkeit, die Reproduzierbarkeit und die Auflösung der Geräte. Man muss immer unterscheiden, was möchte man mit der Technik erreichen? Die einfachen, kostengünstigen Geräte haben ihre Berechtigung in einem gelegentlichen Einsatz oder bei der Nachkontrolle. Um komplexe Messaufgaben lösen zu können, sind diese Infrarotgeräte jedoch nicht geeignet.

Technik für ausreichend genaue Infrarotmessungen

Für reproduzierbare Infrarotbilder mit hohen Messgenauigkeiten und kleinen Messflecken, müssen trotz der angebotenen Billigkameras Kamerapreise ab 10.000EUR veranschlagt werden. Erst ab diesem Preissegment hat man eine Technik zur Verfügung, mit der man solide arbeiten kann. Das Sprichwort ‚Wenn man kein Geld hat, so sollte man sich keine billigen Sachen kaufen!‘ trifft auch bei Infrarotkameras zu. Durch die kleine Bildpunktanzahl der billigen Geräte, die schlechte geometrische Auflösung IFOV (Instantaneous Field Of View) und die kleinen optischen Linsen sind diese Geräte nicht in der Lage, z.B. Kabel mit kleinem Querschnitt sicher zu erfassen und richtig zu messen. Für viele Messaufgaben ist es wichtig, verschiedene Infrarotobjektive einzusetzen. Billige Geräte bieten in der Regel keine Möglichkeit, verschiedene Objektive zum Einsatz kommen zu lassen. Die preisintensiveren Geräte dagegen bieten die Möglichkeit, verschiedene Objektive je nach Messaufgabe zu wählen. Im Gebäudebereich werden meist Weitwinkelobjektive benötigt. Bei Messungen in der Elektrotechnik, besonders bei hohen Spannungsebenen sind Teleobjektive erforderlich. Hier ist aber zu bedenken, dass ein Infrarotobjektiv oft den Kamerapreis übersteigt, da spezielle Materialien eingesetzt werden müssen. Die Linsen der Objektive können physikalisch bedingt nicht aus Glas hergestellt werden, da Glas für die Infrarotstrahlung nicht durchlässig ist. Es können also nur spezielle Linsen aus geeigneten Materialien (z.B. Silizium, Saphir, Germanium usw.) Verwendung finden, was den Preis wiederum in die Höhe treibt. So kostet, auch zum jetzigen Zeitpunkt, z.B. ein einzelnes Teleobjektiv mit einem Linsendurchmesser von 15cm über 10.000EUR. Das teure Linsenmaterial der Kameras im untersten Preissegment kann nicht verändert werden. Hier versucht man möglichst kleine Linsen zu benutzen, um Kosten einzusparen. Der Linsendurchmesser eines teuren Systems ist oft viermal so groß wie der Linsendurchmesser einer billigen Kamera. Dadurch sinkt die Empfindlichkeit eines Billiggerätes drastisch. Dies ist mit der Lichtempfindlichkeit eines Fotoapparates zu vergleichen. Je größer der Objektivdurchmesser, um so lichtempfindlicher ist die Kamera. Bei einer Infrarot-Kamera kann bei einem großen Linsendurchmesser mehr Energie pro Zeiteinheit vom Detektor erfasst werden. Das Ergebnis ist eine empfindliche Infrarot- Kamera. Um professionelle Infrarotmessungen durchführen zu können, muss man auf Profigeräte zurückgreifen. Sollte sich bei den Messungen der Einsatz von Filter, Blenden oder verschiedenen Objektiven erforderlich machen, derartige Infrarotkameras bieten diese Möglichkeiten. Profigeräte bieten eine hohe Messgenauigkeit, ein kleines IFOV (s. Titelbild) und sind für Messungen auch unter raueren Bedingungen konzipiert. Es ist jedoch davon auszugehen, dass diese Profigeräte ab 30.000EUR zu erwerben sind. Mit einigen ergänzenden Objektiven ist es auch kein Problem, auf einen Preis von über 60.000EUR zu gelangen. Auch der Bundesverband für Angewandte Thermografie empfiehlt für qualitativ hochwertige Messungen nur diese Geräte.

Qualifizierung des Messpersonals

Jede Infrarotmessung ist eine berührungslose Messung, bei der die Grundlagen der Strahlungsphysik wie Messentfernung, Emissions- und Reflektionseigenschaften der zu messenden Oberflächen genau so beachtet werden müssen, wie die fachgerechte Handhabung und Bedienung der Kameratechnik. Auch die spätere Auswertung ist nicht unproblematisch. Da diese Sachverhalte durch den Einsatz der billigen Geräte seitens ungeschulter Anwender meist nicht mehr gegeben ist, besteht der Verband der Sachversicherer VdS auf einer Qualifizierung und Zertifizierung der mit den Messaufgaben beauftragten Personen. Leider ist es in der Vergangenheit immer wieder vorgekommen, dass die Kombination von unqualifiziertem Personal, gepaart mit billiger Infrarot-Kameratechnik zu gravierenden Falschmessungen geführt hat. Bunte Bilder erhält der Auftraggeber in jedem Fall, ob die Aufgabenstellung damit jedoch erfüllt wird, bleibt mehr als fraglich. Bei sicherheitsrelevanten Fragen ist es fahrlässig, die Messungen von unqualifiziertem Personal mit ungeeigneter Kameratechnik durchführen zu lassen. Bei zertifiziertem Personal kann in der Regel ein hoher Fachwissensstand vorausgesetzt werden. Aus diesem Grund gibt es seit einigen Jahren eine Zertifizierung in drei Stufen, wobei die Stufe Eins die niedrigste Qualifizierungsstufe ist. Die Zertifizierung nach Stufe Zwei sollte bei selbständig tätigen Messingenieuren oder bei dem Betriebspersonal, welche mit diesen Aufgaben beauftragt werden, vorhanden sein. Erst ab der Stufe Zwei sind die Personen zum selbständigen Arbeiten berechtigt. Sie ist Grundlage für eine seriöse Auftragsabwicklung mit einer hohen Fachkompetenz.

Die drei Qualifizierungsstufen nach DIN EN 473 bedeuten im Einzelnen

Stufe Eins:
Eine Person, die in der Stufe Eins zertifiziert ist, hat die Fähigkeit nachgewiesen, thermografische Messungen nach einer Prüfanweisung unter Aufsicht von Personal auszuführen, das höher zertifiziert ist (Stufe Zwei- oder Drei- Personal). Stufe Eins-Personal ist innerhalb des auf dem Zertifikat festgelegten Aufgabenbereiches autorisiert. Stufe Eins- Personal wird in der Regel bei Gruppenarbeit oder in der Fertigung eingesetzt.

Stufe Zwei:
Eine Person, die in der Stufe Zwei zertifiziert ist, hat die Fähigkeit nachgewiesen, thermografische Messungen nach aufgestellten oder allgemein anerkannten Verfahrensweisen durchzuführen und zu überwachen. Stufe Zwei-Personal ist innerhalb des auf dem Zertifikat festgelegten Aufgabenbereiches autorisiert, insbesondere Prüfanweisungen für sektorspezifische Anwendungen zu erstellen. Es sind fünf Anwendungsbereiche, auf dem Zertifikat als Sektoren bezeichnet, vorgesehen:
– Aktive Thermografie (Materialprüfungen auf Trennungen und Einschlüsse)
– Bauthermografie
– Industriethermografie
– Elektrothermografie
– Sondermessungen
Ein selbständiger Dienstleister oder eine betriebsinterne Arbeitskraft sollte über eine solche Stufe Zwei-Zertifizierung auf seinem Anwendungsgebiet verfügen.

Stufe Drei:
Eine Person, die in der Stufe Drei zertifiziert ist, hat die Fähigkeit nachgewiesen, jede Tätigkeit auszuüben und zu leiten, für die sie zertifiziert ist. Eine in der Stufe Drei zertifizierte Person darf Prüfungsanweisungen und Verfahrensbeschreibungen aufstellen und alle Aufgaben der Stufe Drei und Stufe Zwei übernehmen und überwachen. Eine Stufe Drei-Person ist als Prüfungsaufsicht autorisiert und kann die Qualifizierungsprüfungen im Auftrag der Zertifizierungsgesellschaft abnehmen. Weitere Kriterien der Zertifizierungsstufen Eins, Zwei und Drei sind in der DIN 54162 enthalten, die alle Zertifizierungen in Deutschland regelt. Möchte eine Person z.B. eine Stufe Zwei-Zertifizierung ablegen, so muss vorher eine Stufe Eins-Zertifizierung durchgeführt werden. Nachdem die Prüfung hierzu bestanden ist, kann nach einer vorgeschriebenen Praxiszeit die Stufe Zwei-Zertifizierung erworben werden. Die Zertifizierungsstufen beinhalten einen fünftägigen Lehrgang mit anschließender Prüfung. Für jede Zertifizierungsstufe müssen Kosten von ca. 2.200EUR veranschlagt werden (keine Hotel-, Fahrtkosten, Arbeitsausfall usw. eingerechnet). Die Stufe Drei-Zertifizierung weicht von den üblichen Zertifizierungen ab, da diese in einen Objektkunde-Teil von fünf Tagen Dauer und einen Basic-Teil von vier Tagen Dauer unterteilt ist. Die Kosten liegen hier bei ca. 4.000EUR (wieder keine Hotel-, Fahrtkosten, Arbeitsausfall usw. eingerechnet). Jede Zertifizierung nach DIN EN 473 besitzt eine Gültigkeit von fünf Jahren. Nach dieser Zeit ist eine Rezertifizierung notwendig, welche weitere Kosten verursacht. Wie schon erwähnt, werden für die Untersuchung von Elektroanlagen seitens der deutschen Versicherungswirtschaft besondere, weitergehende Anforderungen an Prüfpersonal und Ausrüstung gestellt, was in der Zertifizierung als VdS anerkannter Sachverständiger für Elektrothermografie zum Ausdruck kommt.