Nachhaltig energieeffizient:
Werkserweiterung bei Festo

Am 22. April 2008 wurde auf dem World Energy Dialogue der Hannover Messe der internationale ‚Energy Efficiency Award 2008‘ an Unternehmen verliehen, die betriebliche Projekte zur Steigerung der Endenergieeffizienz umgesetzt haben. Den ersten Preis überreichte Jochen Homann, Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, der Festo AG & Co.KG, einem der Anbieter auf dem Gebiet der Automatisierungstechnik, für innovative Maßnahmen bei der Werkserweiterung.
Der mit insgesamt 30.000E dotierte Preis wird seit 2007 verliehen. Die dena führt den international ausgeschriebenen Wettbewerb im Rahmen der Initiative EnergieEffizienz und in Kooperation mit der KfW Förderbank sowie der Deutschen Messe durch. Die Initiative ist eine Aktionsplattform für effiziente Stromnutzung in allen Verbrauchssektoren, die von der dena und E.ON, EnBW, RWE sowie Vattenfall Europe getragen und durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie gefördert wird. Ziel des Wettbewerbs ist es, mit den ausgezeichneten Projekten die Bedeutung des Themas für Unternehmen in Bezug auf Kostensenkungen und Wettbewerbsfähigkeit anschaulich und praxisnah herauszustellen und die Machbarkeit von Energieeffizienzprojekten zu demonstrieren. Der Erfolg der ausgezeichneten Projekte soll somit zur Nachahmung anregen. „Die Leistungen, die heute mit dem ‚Energy Efficiency Award‘ gewürdigt wurden, zeigen exemplarisch, dass im gewerblichen Bereich große wirtschaftliche Energieeinsparpotenziale erschlossen werden können“, so Werner Genter, Direktor der KfW Bankengruppe, auf der Preisverleihung. Festo setzt auf eine langfristige Wertsteigerung, was zu einer Verankerung der Ressourcenschonung und Umweltschutzorientierung in Vision und Leitbild des Unternehmens geführt hat. Um seine Prozesse und auch Infrastruktur im Sinne der Nachhaltigkeit zu steuern, hat Festo schon früh eine Balanced Scorecard eingeführt und darin für wesentlichen Umweltschutzkennzahlen ambitionierte Ziele definiert. Diese aggregierten Kennzahlen werden direkt vom Vorstand gesteuert. Zu diesen Kennzahlen zählen auch die Energieverbräuche, der Kältebedarf, die Drucklufterzeugung und die anfallenden CO2-Emissionen. „Über unsere Balanced Scorecard gestalten und steuern wir nicht nur die Produktionsprozesse, sondern auch unsere gesamte Infrastruktur umweltbewusst“, sagt Dr. Eberhard Veit, Vorstand Produkt- und Technologiemanagement und Sprecher des Vorstands bei Festo. Die Werkserweiterung am Standort St. Ingbert/Rohrbach ist vor dem Hintergrund der Zielbegriffe für Energieeffizienz zu sehen, die bei Festo für die Planung von Infrastrukturprojekten definiert wurden: Vermeidung, Gewinnung und Wiederverwendung. Unter diesen Gesichtspunkten ist auch nach innovativen Lösungen gesucht worden, um bei der zur Steigerung der Produktionskapazität
notwendig gewordenen Erweiterung des Standorts in St. Ingbert/Rohrbach den Umfang der nutzbaren Energie hoch und den der zu beschaffenden Energie gering zu halten. Unter diesem Leitsatz hat das Unternehmen 2004 und 2005 Erweiterungsbauten errichtet und Energieeffizienz dabei konsequent als gleichberechtigten Planungsparameter berücksichtigt.

Maßnahmen

Es wurde ein Gesamtkonzept für die Bereiche Raumklimatisierung, Drucklufterzeugung sowie Elektrizitätserzeugung entwickelt, das auch die energiebetriebenen Systeme der bestehenden Gebäude umfasst und weiterentwickelt. Dafür mussten zunächst sämtliche Energie-, Kühl- und Heizbedarfe analysiert werden. Das daraus entwickelte Energiekonzept beinhaltet folgende Maßnahmen:
– Einsatz einer Brennstoffzelle, einer Photovoltaikanlage und eines Blockheizkraftwerks (BHKW) zur Energieerzeugung,
– Bedarfsorientierte Steuerung der dezentralen Kompressoren zur Drucklufterzeugung,
– Einsatz einer Adsorptionskältemaschine, in der die Abwärme der Brennstoffzelle, des BHKW und der Druckluftkompressoren genutzt wird,
– Wärmedämmung des Gebäudes,
– Umstellung auf energieeffiziente Quelllüftung mit adiabatischer Abluftkühlung statt Mischlüftung und Kühlung mit Kältemaschinen,
– Sonnenstandsabhängige Verschattung der zu klimatisierenden Räume und tageslichtabhängige Regelung der Arbeitsplatzbeleuchtung,
– Intelligente Steuer- und Regelungstechnik.
Die erdgasbetriebene Brennstoffzelle mit Eurozellstapel erzielt mit ca. 80% einen hohen Gesamtwirkungsgrad. Auch der elektrische Wirkungsgrad ist mit 47% hoch. Die Energiegewinnung in der Brennstoffzelle ist emissionsarm: Der CO2-Ausstoß beträgt etwa die Hälfte der Emissionen einer konventionellen Stromerzeugung. Der größte interne Erzeuger elektrischer Energie ist aber das Blockheizkraftwerk mit einem Wirkungsgrad von über 71%. Er wird durch die ganzjährige Auslastung und die Verwendung sämtlicher erzeugter Energie erreicht. Weitere elektrische Energie wird über eine Photovoltaik-Anlage mit 187kWp erzeugt. Für die Auslegung der Kompressoren zur Drucklufterzeugung wurden die Gesamtbedarfe des Standorts, also aller auch schon vorhandenen Produktionsgebäude, zugrunde gelegt. Die dezentralen Kompressoren werden mithilfe von Sensoren bedarfsorientiert gesteuert. In Kombination mit der Frequenzsteuerung wird sichergestellt, dass die einzelnen Kompressoren nur mit der tatsächlich benötigten spezifischen Leistungsaufnahme betrieben werden. Die Nutzung der Abwärme, u.a. der Druckluftkompressoren, erfolgt über eine Adsorptionskältemaschine. Der Vorteil der ausgewählten Adsorptionskältemaschine liegt in der geringen erforderlichen Temperatur des Heizwassers von ca. 55°C. Somit kann die im Kompressorensystem entstehende Abwärme von ca. 60 bei 65°C genutzt werden. Nur bei hohem Kältebedarf wird die zusätzlich vorhandene konventionelle Kältemaschine benötigt. Bei der nun in den Räumen eingesetzten Quelllüftung kann der Volumenstrom gegenüber einer Mischlüftung um 25% gesenkt werden. Sie gewährleistet ein gesundes Raumklima. Bei der Kühlung der zugeführten Frischluft wird außerdem, mittels Befeuchtung und Wärme- bzw. Kälterückgewinnung, die adiabatische Abluftkühlung genutzt. Die Lufterwärmung während der Heizperiode erfolgt dabei ebenfalls über die Abwärme der Druckluftkompressoren, des Blockheizkraftwerkes oder der Brennstoffzelle. Die Beleuchtung der Arbeitsplätze ist mit einer tageslichtabhängigen Dimmung ausgestattet, die durch die automatische Steuerung auf optimale Energieeffizienz ausgelegt ist. Um die Klimatisierung des Gebäudes mit einem geringen Energieaufwand realisieren zu können, verfügt es zusätzlich über eine sonnenstandsabhängige Steuerung der Jalousien, die auch die Himmelsrichtung berücksichtigt. Außerdem wurde das Gebäude mit Sandwich-Paneelen verkleidet, die eine hohe Wärmedämmung erzielen. Die Dämmung dient im Sommer als Wärmeschutz, der verhindert, dass sich das Gebäude bei Sonnenstrahlung zu sehr aufheizt, im Winter als Schutz vor eindringender Kälte. Entscheidend für die Ausschöpfung der gesamten Energieeffizienzpotenziale ist das Zusammenspiel und die Steuerung und Regelung der beschriebenen Komponenten. Das gesamte System ist darauf ausgelegt, produzierte Abwärme nutzbar zu machen, zum einen für den Antrieb der Adsorptionskältemaschine, zum anderen für den Heizprozess der Gebäude.

Beurteilung

Die Jury des ‚Energy Efficiency Award‘ hat insbesondere die Berücksichtigung der Energieeffizienz als gleichberechtigtes Planungskriterium und den Einsatz innovativer Technologien bei der Erweiterung des Standorts als beispielhaft bewertet. Im Planungsprozess wurde ein ganzheitlicher Ansatz verfolgt. So wurden bei der Errichtung des Erweiterungsbaus beispielsweise bestehende und neu zu planende Systeme zur Raumwärmeversorgung und Klimatisierung als Ganzes betrachtet und optimiert. Dies geschah auf Basis wirtschaftlicher Bewertungen, die die Lebenszyklen der Systeme und die Identifizierung einer nachhaltigen Lösung berücksichtigen. Stephan Kohler, Vorsitzender der Geschäftsführung der dena und Mitglied der Jury: „Das Projekt der Festo AG überzeugt durch innovative Lösungen, die zu erheblichen Energie- und Kosteneinsparungen führen und zum Klimaschutz beitragen. Die Maßnahmen könnten so auch bei vielen weiteren Unternehmen in Deutschland durchgeführt werden.“

Energy Efficiency Award 2009

Auf der Internetplattform der Initiative EnergieEffizienz, www.industrie-energieeffizienz.de, werden alle ausgezeichneten Projekte des ‚Energy Efficiency Award‘ vorgestellt. Hier finden sich auch weitere Top-Referenzprojekte effizienter Energienutzung, die sich alle durch Kosteneffizienz auszeichnen und sich zur Nachahmung empfehlen. Der ‚Energy Efficiency Award‘ wird weitergeführt: Auch 2009 werden wieder Unternehmen ausgezeichnet, die Energieeffizienzmaßnahmen umgesetzt haben. Bewerbungen sind ab Herbst 2008 möglich.

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