Interview Elektromarken. Starke Partner.

Die Digitalisierung führt zu tiefgreifenden Veränderungen des Arbeitsalltags von Elektrofachbetrieben. Welchen Einfluss hat sie auf das Zusammenspiel zwischen Handwerk, Industrie und Großhandel? Was ändert sich für den dreistufigen Vertrieb?

Sell: Die Veränderungen durch die Digitalisierung werden enorm sein. Die Schwierigkeit, die wir heute haben, ist, dass wir nicht weit genug in die Zukunft sehen können. Wir wissen nicht, welche Anwendungen morgen wie gelöst werden. Der Beitrag der Industrie im Schulterschluss mit Großhandel und dem Fachhandwerk muss sein, dass wir aufklären und unsere Partner in der Phase der Transformation begleiten – ob durch Schulungen oder Service vor Ort. Die Handwerker müssen sich mit den neuen Medien stärker auseinander setzen.

Dehn: Letztlich bestimmt der Kunde wo und wann er kauft. Jeder Marktteilnehmer muss dafür sorgen, dass er in dieser digitalen Welt gefunden wird. Wer hier als Marke wahrgenommen wird, hat klare Wettbewerbsvorteile und kann sich von seinen Mitbewerbern differenzieren. Jeder muss sich auch fragen, wo seine Alleinstellungsmerkmale sind. Vor dieser Herausforderung stehen sowohl der Handwerker als auch Großhändler und Industrie.

Auch der digital versierte Endkunde stellt neue Erwartungen an Produkte, Dienstleistungen und Kommunikation. Was ändert sich für den Elektrofachmann bezüglich Kundenkommunikation?

Sell: Die Handwerksunternehmen müssen von einer Produktorientierung zu einer Lösungsorientierung kommen. Der Endkunde tritt oftmals nicht mit einem bestimmten Produktwunsch an den Fachhandwerker heran, sondern erwartet eine für ihn adäquate Gesamtlösung. Hier muss das Handwerk durch ständige Weiterbildung seine Beratungskompetenz verbessern. Auch wir als Industrie müssen uns umorientieren und unsere Schulungen stärker lösungsorientiert gestalten. Bezüglich Kundenkommunikation möchte ich Ihnen eine Anekdote erzählen: Ich habe ein neues Schlafzimmer bekommen. Mein Wunsch war dieses mit LED-Leuchten auszustatten. Diese hat der Schreiner auch besorgt. Bei der Installation stellte der Elektriker fest, dass die LED-Leuchten über einen Dali-Dimmer zu dimmen sind. Um zu erfahren, wie er den Dali-Dimmer anschließen soll, setzte sich der Handwerker kurzer Hand mit seinem Partner aus dem Großhandel in Verbindung. Dieser konnte ihm schnell helfen. Es ist also enorm wichtig für die Handwerksbetriebe, Ansprechpartner in Industrie und Großhandel zu haben, wenn beim Kunde Fragen auftauchen.

Gerade in Zeiten digitaler Vernetzung muss das Handwerk zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit und zur Sicherung der Existenz neue Geschäftsfelder entwickeln. Wo sehen Sie diesbezüglich das größte Potential und welche Strategie empfehlen Sie den Handwerksbetrieben?

Dehn: Wie gerade besprochen, muss der Elektrohandwerker zukünftig den Kunden lösungsorientiert beraten. Das stellt aber für ihn eine sehr große Herausforderung dar, weil er das ganze Portfolio beherrschen muss, um dem Kunden ein Optimum an Beratung zu bieten. In Zukunft müssen Handwerksbetriebe den Spagat hinbekommen, sich einerseits lösungsorientiert zu geben und andererseits durch Fokussierung ihr Alleinstellungsmerkmal herauszuarbeiten. Die Digitalisierung bietet tolle Möglichkeiten für das Elektrohandwerk. Trotzdem sollte jeder Handwerksbetrieb genau überlegen, was er anbietet.

Es ist also eher ratsam, nicht als Komplettanbieter aufzutreten, sondern sich zu spezialisieren?

Dehn: Das kommt auf die Größe des Unternehmens an. Unsere Firma hat momentan 330 Mitarbeiter, wir gehören zu den Top-5-Unternehmen in Bayern. In neun verschiedenen Abteilungen kümmern sich Spezialisten beispielsweise um Bereiche wie Heating, Gebäudeleittechnik, E-Mobility/Säuleninstallation. Daher ist sicher auch für ein Drei-Mann/Frau-Unternehmen die Spezialisierung der richtige Weg. Aber auch weiche Aspekte wie Vertrauen und Themen wie ‚alles aus einer Hand‘ spielen hierbei eine große Rolle. Teilbereiche können auch durch Zusammenarbeit mit anderen Betrieben erledigt werden. Die Gesamtplanung sollte aber in einer Hand liegen. Für den Endkunden ist es wichtig, dass er einen fachkundigen Ansprechpartner hat, der schnellstmöglich vor Ort ist, wenn ein Problem auftritt. Ob der Fachbetrieb dann noch zwei Partner hat, die ihn unterstützen, das ist für den Endkunden zweitrangig.

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