Europäisches Komitee für Normung (CEN):
CEN stellt mit Norm
Weichen für integrierte Gebäudeautomation

Das Europäische Komitee für Normung (CEN) hat mit der EN15232 eine neue Norm verabschiedet, die sich mit dem Einfluss der Gebäudeautomation und des Gebäudemanagements auf die Energieeffizienz von Gebäuden befasst. Die Normung wurde ausgearbeitet, um Konventionen und Verfahren zur Abschätzung der Auswirkungen von Gebäudeautomationssystemen (GA-Systemen) und Maßnahmen des technischen Gebäudemanagements (TGM) auf die Energieeffizienz und den Energieverbrauch von Gebäuden zu erarbeiten.
Autor: Dr.-Ing. Hanspeter Boos, Boos Kälte und Klima GmbH
Im Einzelnen beinhaltet die Norm EN15232 eine strukturierte Liste von Funktionen der Regelung, der Gebäudeautomation und des technischen Gebäudemanagements, die Auswirkungen auf die Energieeffizienz von Gebäuden haben. Sie basiert auf einem Verfahren zur Definition der Mindestanforderungen hinsichtlich der Funktionen der Regelung, der Gebäudeautomation und des technischen Gebäudemanagements, die in Gebäuden unterschiedlicher Komplexität umzusetzen sind. Hinzu kommen ausführliche Verfahren zur Bewertung der Auswirkungen dieser Funktionen auf ein Gebäude. Diese Verfahren erlauben es, die Auswirkungen der Funktionen in die Berechnungen der Kennzahlen und Leistungsindikatoren der Energieeffizienz nach den relevanten Normen aufzunehmen. Ein vereinfachtes Verfahren für eine erste Abschätzung der Auswirkungen dieser Funktionen auf typische Gebäude rundet die Norm ab.

Einstufung in GA-Energieeffizienzklassen

Ein Hauptpunkt der Norm ist die Einteilung von Wohngebäuden und Nicht-Wohngebäuden in GA-Energieeffizienzklassen. Vorhandene und neu zu errichtende Gebäudeautomationssysteme sind künftig in die Energieeffizienzklassen A bis D einzustufen.
-Klasse D entspricht GA-Systemen, die nicht energieeffizient sind. Gebäude mit derartigen Systemen sind zu modernisieren. Neue Gebäude dürfen nicht mit derartigen Systemen gebaut werden.
-Die Klasse C entspricht Standard-GA-Systemen.
-Klasse B beinhaltet weiterentwickelte GA-Systeme und TGM.
-Klasse A entspricht hoch energieeffizienten GA-Systemen und TGM.
Eine Einstufung wird insbesondere bei der Errichtung eines neuen Gebäudes oder der Renovierung eines bestehenden Gebäudes, bei der Festlegung von Mindestanforderungen für Gebäudeautomation oder Energiemanagement oder allgemein bei der Begutachtung der Energieeffizienz von Gebäuden gefordert. Als Voraussetzung für die Einstufung in die Klasse B wird gefordert, dass Raum-Regeleinrichtungen in der Lage sein müssen, mit dem Gebäudeautomationssystem zu kommunizieren. Großer Wert wird auf eine last- oder belegungsabhängige Regelung der Anlagen gelegt. Herkömmliche Belegungszeitregelungen mit einem feststehenden Zeitprogramm führen nur noch zu einer Einstufung in die Effizienzklasse C.
Weitere gemeinsame Anforderungen für die Klassen B und A sind z.B.
-die Regelung der Innentemperatur (anstelle einer witterungsgeführten Vorregelung)
-eine differenzdruckabhängige Regelung von Umwälzpumpen und Ventilatoren
-eine Verriegelung zwischen Heiz- und Kühlbetrieb
-eine automatische Regelung der Beleuchtung entsprechend der Belegung
-eine zentrale Optimierung des Haus- und Gebäudeautomationssystems, z.B. durch Abstimmung der Regeleinrichtungen und Sollwerte
In die höchste Effizienzklasse A können künftig nur noch Gebäude eingestuft werden, die über
-eine vollständige Verriegelung zwischen Heiz- und Kühlbetrieb
-eine optimierte Betriebsabfolge für Wärme- und Kälteerzeuger
-eine anwesenheits- oder bedarfsabhängige Regelung der Klimaanlagen auf Raumebene
-eine variable, lastabhängige Sollwertführung der Vorlauftemperatur
-eine tageslichtabhängige Beleuchtungsregelung und
-eine kombinierte Regelung von Jalousien und RLT-Anlagen auf Raumebene
verfügen. Im Anhang der Norm werden als Beispiele für innovative integrierte GA-Funktionen ausführlich die Anwendung von Fensterkontakten bei Einzelraumregelung und die optimierte Verschattungs- und Beleuchtungsregelung aufgeführt.

Nachweis von Wirtschaftlichkeit

Die Norm nennt Berechnungsformeln für die Energieeffizienz bestimmter Funktionen, d.h. die erreichbare Energieeinsparung gegenüber konventionellen Verfahren. Damit bietet sie eine hervorragende Basis für den Nachweis der Wirtschaftlichkeit und der Amortisationsdauer einer integrierten Gebäudeautomation. Wo eine exakte Berechnung zu aufwändig wäre, werden Effizienzfaktoren gegenüber einem Standardgebäude der Effizienzklasse C aufgeführt, und zwar getrennt nach Gebäudetypen. So wird bei einem Bürogebäude das Einsparpotential allein im Bereich Heizen/Kühlen mit 30% angegeben. Vergleichbar hohe Einsparpotentiale sind – natürlich abhängig von der Nutzungsfrequenz – auch bei Hörsaalgebäuden, Schulen, Hotels, Restaurants und Gebäuden für Groß- und Einzelhandel zu erwarten.

Integration spart Energie

Eine integrierte Raumautomation hat – und das bestätigt auch diese neue Norm ausdrücklich – einen hohen Einfluss auf die Energieeffizienz eines Gebäudes. Dabei wird unter ‚integriert‘ häufig nur die Zusammenführung von Temperaturregelung (Heiz- und Kühlfunktion) mit der Beleuchtungs- und Beschattungsregelung verstanden. Gegenüber einer konventionellen Lösung bietet diese Form der Integration bereits eine Reihe von Einspareffekten. So kann im Winter die Sonneneinstrahlung gezielt zur Beheizung des Raums genutzt werden, während im Sommer eine Überheizung der Räume vermieden wird, wenn die Jalousien auch über ein Signal ‚Kühlbedarf‘ von der Temperaturregelung angefordert werden können. Der andere – und ebenso wichtige – Integrationsaspekt liegt aber in der Integration der Raumautomation in die Gebäudeautomation. Nur die Raumautomation liefert – in Form von Präsenz- und Anforderungssignalen – die erforderlichen Daten für eine belegungs- oder bedarfsabhängige Regelung der Energieverteilung und -erzeugung. Wärme oder Kälte werden nur gezielt und auf dem Niveau (Vorlauf- oder Zulufttemperatur, Pumpen- oder Ventilatordrehzahl) bereitgestellt, wie sie in den Räumen benötigt werden. Dies reduziert Bereitstellungs- und Verteilungsverluste. In umgekehrter Richtung werden die Raumcontroller über zentrale Daten des Gebäudes (Wetter, Sonneneinstrahlung, aktuelle Betriebsart der RLT-Anlagen) informiert und nur so können sie ihre Funktion optimal erfüllen. Es wird also in Zukunft wichtig sein, diesem Integrationsaspekt besonderes Augenmerk zu schenken.

Neue Anforderungen

Die genannten Anforderungen sind bei Raum- oder Laborcontrollern mit LON-Buskommunikation seit Jahren realisierter Standard. Neu ist die Anforderung, die gelieferten Daten auch bei der bedarfsabhängigen Regelung der Primäranlagen zu verarbeiten. Dadurch ergeben sich neue Aufgaben für die Systemintegration, die naturgemäß bei einem durchgängigen Automationssystem für Raum- und Gebäudeautomation leichter zu lösen sind als bei einem heterogenen Aufbau mit verschiedenen Bussystemen.

Kasten:

EN 15232: Die GA-Effiezienzklassen im Überblick

Klasse D
Gebäude mit GA-Systemen, die nicht energieeffizient sind

Klasse C
Gebäude mit Standard-GA-Systemen
-herkömmliche Belegungszeitregelungen mit einem feststehenden Zeitprogramm

Klasse B
Gebäude mit weiterentwickelten GA-Systemen und TGM
-Kommunikation zwischen Raum-Regeleinrichtungen und Gebäudeautomationssystem
-Regelung der Innentemperatur (anstelle einer witterungsgeführten Vorregelung)
-differenzdruckabhängige Regelung von Umwälzpumpen und Ventilatoren
-Verriegelung zwischen Heiz- und Kühlbetrieb
-automatische Regelung der Beleuchtung entsprechend der Belegung
-zentrale Optimierung des Haus- und Gebäudeautomationssystems

Klasse A
Gebäude mit hoch energieeffizienten GA-Systemen und TGM
-vollständige Verriegelung zwischen Heiz- und Kühlbetrieb
-optimierte Betriebsabfolge für Wärme- und Kälteerzeuger
-anwesenheits- oder bedarfsabhängige Regelung der Klimaanlagen auf Raumebene
-variable, lastabhängige Sollwertführung der Vorlauftemperatur
-tageslichtabhängige Beleuchtungsregelung
-kombinierte Regelung von Jalousien und RLT-Anlagen auf
Raumebene

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