Digitales Fernsehen: Umsatzpotenziale für Fachhandwerk und Handel

Digitales Fernsehen: Umsatzpotenziale für Fachhandwerk und Handel

Das Geld liegt auf dem Dach. Handel und Handwerk müssen es dort allerdings abholen. Viel Zeit bleibt nicht. Am 31. April 2012 beenden die führenden TV-Sender in Deutschland ihre analoge Satellitenverbreitung. Es stellt Hersteller, Sender, Verbraucher, Handel und Fachbetriebe vor große Herausforderungen. Immer noch rund 4 bis 5Mio. Satellitenhaushalte empfangen ihre TV-Sender analog. Das bietet hohe Umsatzchancen. Rein rechnerisch müssen jeden Werktag 10.000 analoge Satellitenhaushalte und rund 100 Kopfstellen umrüsten, damit keine Mattscheibe schwarz bleibt. Die wichtigsten Fakten und Trends sollten Handel und Handwerk für Beratungsgespräche kennen.
Im Frühjahr 2010 hat sich die Initiative ‚klardigital 2012‘ gebildet. Mitglieder sind die ARD, ZDF, Mediengruppe RTL Deutschland, ProSiebenSat1, VPRT und die Landesmedienanstalten. Die Wettbewerber haben sich zusammengetan, um gemeinsam alle von der analogen Satellitenabschaltung am 30. April 2012 Betroffenen rechtzeitig zu informieren. Fachhandel und Fachhandwerk finden hierzu auf der Internetseite www.klardigital.de wertvolle Hinweise und Tipps. Die Zukunft des Fernsehens ist digital. Nach dem Ende des analogen Antennenfernsehens gilt dies bald auch für die Satellitenübertragung. Für das Ende haben die TV-Sender nachvollziehbare Gründe. Das digitale Signal benötigt deutlich weniger Übertragungskapazität. Zugleich bietet Digital-TV eine wesentlich größere Programmvielfalt sowie eine erheblich bessere Ton- und Bildqualität. Zudem macht die gleichzeitige Ausstrahlung desselben Programms in analog, digital SD und digital HD für die Sender wirtschaftlich keinen Sinn mehr.

Digitalisierungsgrad über 60%

Über die Höhe des Digitalisierungsgrades in Deutschland gibt es je nach Marktuntersuchung teilweise große Unterschiede. Die letzte große Astra-Reichweitenstudie ging zum 31. Dezember 2009 von mehr als 21Mio. digitalen TV-Haushalten aus. Dies war ein Zuwachs von 1Mio. Haushalten gegenüber 2008. Die Marktforscher der Arbeitsgemeinschaft Fernsehen (AGF) und der GFK sprechen von 44,2% digitalen Haushalten in Deutschland zum 1. August 2010. Laut dem Anfang September 2010 erschienenen Digitalisierungsbericht der Landesmedienanstalten empfingen Mitte 2010 61,7% der Haushalte (23,1Mio.) digitales Fernsehen über mindestens ein TV-Gerät. Ausschließlich auf den digitalen Empfang setzten zum gleichen Zeitpunkt bereits 51,6% aller Haushalte. Auf den traditionellen Verbreitungswegen Kabel, Satellit und Antenne sowie dem inzwischen etablierten neuen vierten Verbreitungsweg IPTV verläuft der Umstieg weiterhin unterschiedlich. Flächendeckend ist der DVB-T Umstieg vollzogen und setzen fast 4,2Mio. Haushalte u.a. auch auf DVB-T. Anders ist die Situation bei Kabel und Satellit:. Inzwischen empfangen laut Astra und den Landesmedienanstalten fast 80% der Satellitenhaushalte ihr Programm digital. Das digitale Kabel konnte stark zulegen und kommt mittlerweile auf 38% (7,3Mio Haushalte). Ebenfalls Gewinne verzeichnet IPTV. So meldet die Deutsche Telekom inzwischen weit über 1Mio. IPTV-Kunden. Für Handwerk und Fachhandel besonders wichtig ist die Zahl der bis zum 30. April 2012 noch zu digitalisierenden Satellitenhaushalte. Der Grund ist einfach: In diesem Bereich lässt sich traditionell der Großteil des Neugeschäfts machen. Der Fachverband Satellit & Kabel im Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie e.V. (ZVEI) geht aktuell von 4 bis 5Mio. Haushalten aus, die noch umstellen müssen. Die Initiative ‚klardigital 2012‘ spricht sogar noch von 6Mio. analogen Satellitenhaushalten, die überwiegend in den ländlichen Regionen angesiedelt sind. Die Wahrheit dürfte in der Mitte liegen. Klar ist jedoch: Rein rechnerisch müssen jeden Werktag bis Ende April 2012 rund 10.000 Haushalte täglich bis zur Analogabschaltung umrüsten. Den unterschiedlichen Zuwachs beim Digitalisierungsgrad nach einzelnen TV-Verteilwegen belegen auch die Absatzzahlen der Digital-Receiver für den freien Empfang ohne Pay-TV. Laut gfu/GFK-Marktdaten verkaufte der Handel 2009 etwas über 3Mio. digitale Satellitenreceiver, darunter bereits 862.000 für den Empfang von HD-Programmen. Dem gegenüber standen 573.000 digitale Kabelreceiver (HDTV DVB-C 150.000) sowie 730.000 DVB-T-Receiver. 2010 soll nach Prognosen des Handels der Absatz der HDTV-Sat-Receiver mit 2Mio. Stück erstmals den Absatz an SD-Sat-Receivern mit nur 1,3Mio. Stück deutlich überholen. Bei Preisdifferenzen in der HD-Einstiegsklasse zu SD-Receivern von nur noch 20Euro dürfte sich diese Tendenz 2011 weiter verstärken.

HDTV-Boom

Der HDTV-Start der öffentlich-rechtlichen Sender ARD und ZDF zu den Olympischen Winterspielen 2010 sowie die Nachfrage im Zuge der Fußballweltmeisterschaften drücken sich nicht nur in einem Boom bei HD-Receivern aus. Bis Ende 2010 erwarten Marktforscher und Industrieverbände 29Mio. hochauflösende TV-Geräte in den deutschen Haushalten. Allein für dieses Jahr geht der Handel von rund 9Mio. verkauften HDTV-Geräten aus. Es gibt zudem weitere interessante Entwicklungen für Handel und Handwerk. Der Satellitenbetreiber Astra hat seine HDTV-Plattform HD+ mit den Programmen RTL, VOX, Sat.1, ProSieben und kabel eins in hochauflösender HD-Qualität gestartet. Für den Empfang der verschlüsselten via Satellit verbreiteten HD-Programme der Privatanbieter benötigen Nutzer einen speziellen HD+-Satellitenreceiver. Mit diesem Gerät lassen sich zugleich die unverschlüsselten Angebote in HD-Qualität von ARD, ZDF, arte und Servus TV sowie normale TV-Programme in SD empfangen. Bis Sommeranfang 2010 hatte der Handel nach Angaben des Plattformbetreibers etwa 300.000 HD+-Receiver abgesetzt. Der HD-Boom soll sich auch auf die empfangbaren Sender auswirken. Astra ist optimistisch und geht in den deutschsprachigen Märkten von bis zu 20 verschlüsselten und unverschlüsselten HD-Sendern bis Ende 2010 aus.

Über 50.000 Kopfstellen

Einen besonderen Boom erwarten Fachleute bei Gemeinschaftsempfangsanlagen. Hier gibt es hochinteressante Absatzpotenziale für Fachhandel und Fachhandwerk. Der ZVEI-Fachverband Satellit & Kabel spricht von 50.000 Kopfstellen, die im Zuge der Analogabschaltung beim Satelliten noch umzustellen sind. Die Zahlen könnten sogar höher liegen. So haben sich erst rund 25% der über 50.000 Hotels- und Beherbergungsbetriebe auf den Digitalempfang eingestellt. Andere große Gruppen sind z.B. die Wohnungswirtschaft, Krankenhäuser und Altenheime. Dies entspricht etwa 100 Kopfstellen, die bundesweit werktäglich bis zur Analogabschaltung umzustellen sind. Fachbetriebe sollten bei Kopfstellensystemen unbedingt auf Flexibilität und Vielseitigkeit achten. Neben dem Einspeisen verschlüsselter und unverschlüsselter SD- und HD-Programme in unterschiedliche digitale Formate wie etwa QAM oder COFDM sind vor allem seitens der Wohnungswirtschaft Lösungen für eine Re-Analogisierung gefragt, also den Rückwandel empfangener digitaler Programme in analoge. Ein wichtiger Grund dürfte sein, dass man Mieter nicht unnötig mit dem Kauf und Betrieb von Digitalreceivern belasten möchte.

Kein Umrüststau!

Die Zeit drängt. Das analoge Fernsehen ist definitiv ein Auslaufmodell. Der Vollumstieg aller Verbreitungswege inklusive des Kabels auf den digitalen TV-Empfang könnte nach Einschätzung der ZAK schon 2014 komplett abgeschlossen sein. Hinzu kommt ein steigender nachhaltiger Digitalisierungssog durch die bereits beschriebene ausgezeichnete Verbrauchernachfrage nach Flachbildschirmen speziell in Richtung HD-Empfänger. Handwerk, Handelspartner und Geräteindustrie sind daher gut beraten, sich rasch auf die Fragen und Wünsche der Endverbraucher zur Digitalisierung einzustellen. Es darf kein Umrüststau entstehen. Schwarze Bildschirme bei nicht digitalisierten Endkunden sind für alle Betroffenen schlimm. Schließlich hätten diese auch Auswirkungen auf das Image von Sendern, Handel und Herstellern. Wenn der Umstieg allerdings weiterhin so zögerlich wie bisher verläuft, ballt sich die Masse der Umstiegswilligen mit unabsehbaren Folgen in den letzten Monaten vor der Abschaltung. Beratung und Aufklärung ist daher aktuell die dringendste Aufgabe, damit Verbraucher die Vorteile der Digitalisierung so früh wie möglich und vollständig nutzen können. Handel und Handwerk eröffnet sich dabei die Möglichkeit, von attraktiven, hohen Umsatzpotenzialen zu profitieren.

Schulungsangebote der Industrie

Grundlage sind gezielte Schulungen, die den Fachmann rechtzeitig auf den Wandel vorbereiten. Entsprechende Angebote und Initiativen seitens des ZVEI, der AG SAT, des Satellitenbetreibers Astra sowie verschiedener Hersteller wie etwa Wisi im eigenen Schulungszentrum in Niefern stoßen derzeit auf hohes Interesse. Viele weitere Veranstaltungen sind geplant. So kooperiert der NDR mit Astra bei Informationsmaßnahmen. Darüber hinaus soll es seitens der Industrie zahlreiche Vorträge während Fachmessen und eine weitere Seminar-Reihe zur Digitalisierung im Herbst für Handel und Handwerk geben. Angesichts der immer noch hohen Zahl analoger Satellitenhaushalte sind die breite Aufklärung und gezielte Verbraucheransprache durch Handel und Handwerk dringend notwendig. Es ist für Branchenkenner immer wieder erstaunlich, wie viel Millionen von Verbrauchern die Vorteile des Digitalfernsehens unbekannt sind. So denken viele Verbraucher, sie seien bereits mit dem Kauf eines Flachbildschirms digitalisiert und ein HDTV-Haushalt. Zugleich hat der Verbraucher nur dann einen optimalen Empfang und Vergnügen mit seinem neuen Flachbildfernseher, wenn alle Glieder der digitalen Empfangskette die höchste Qualität bieten. Das gilt von der Antenne über Multischalter bis hin zu Kabel, Dose, Stecker und Receiver. Ein gern genanntes Beispiel sind die enormen Bildverbesserungsmöglichkeiten durch den Einsatz eines HDMI-Kabels. Hier gibt es noch erhebliche Nachholpotenziale. Doch nur wer als Verkäufer oder Fachhandwerker die Vorteile der Digitalisierung kennt und überzeugend vermitteln kann, gewinnt die noch Unentschlossenen und erschließt sich Umsatzpotenziale. Denn HDTV steht in Deutschland trotz aller Erfolgsmeldungen und Fortschritte erst am Anfang.

Fazit

In den nächsten 19 Monaten lassen sich erhebliche Umsätze mit der richtigen Ausstattung und der Installation für den digitalen Satellitenempfang erzielen. 4 bis 5Mio. bisher unentschlossene oder wenig informierte Haushalte sind ein sehr attraktives Potenzial. Ohne Fleiß kein Preis. Handel und Handwerk können sich angesichts des scharfen Wettbewerbs nicht zurücklehnen. Wer von den Umrüst- und Umsatzpotenzialen profitieren will, muss sich dringend mit dem Empfangsweg Satellit, neuesten Trends und dem Thema Kopfstelle befassen.

Kasten 1: Analog oder digital: Test via Videotextseite 198

Haushalte mit Satellitenempfang können seit dem 3. September 2010 den Status ihrer Empfangsanlage ganz einfach testen. Zuschauerinnen und Zuschauer rufen einfach bei den Programmen Das Erste, ProSieben, RTL, SAT.1, ZDF oder Bayerisches Fernsehen die Videotextseite 198 auf. Wenn dort ein Hinweis auf die Abschaltung des analogen Satellitensignals erscheint, ist der Satellitenempfang noch analog. Andernfalls erscheint dort die Information ‚Sie empfangen bereits digital‘. In diesem Fall besteht kein Handlungsbedarf.

Wisi Communications GmbH & Co. KG
www.wisi.de

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